Lucie Schenker

Wie eine zweite Haut

Wie eine zweite Haut
8. Mai 2002

Zur Fassadengestaltung «All Over» am Textilmuseum St, Gallen

Noch bis zum 26. Mai ist im Textilmuseum an der Vadian-
strasse in St.Gallen die Ausstellung «Connections» zu se¬
hen, eine Präsentation von Wettbewerbsarbeiten, die für den fünften Internationalen Betonac-Preis kreiert wurden
und deren Prämierung in Sin Truiden, Belgien, stattfand.

Ein grosser Teil der Objekte sind grossformatige Kunstwerke und umfangreiche Installationen. Die Besucherinnen und Besucher sind beim Betrachten der Installationen gefordert, ihre eigenen Ideen zu ent¬ falten und die entsprechenden «Connections» zu den Spitzen zu finden.
In Zusammenhang mit dieser Aus¬ stellung wurde von der bekannten St.Galler Künstlerin Lucie Schen¬ ker das an der Fassade des Kunst¬
museums angebrachte Kunstwerk
«All Over» (unser Bild) gestaltet.
Eine Rapportanordnung gleissend
grünleuchtender Acrylrhomben überzieht die Aussenhülle des Tex¬
tilpalais, legt sich wie eine zweite Haut flächendeckend über den zent¬
ralen Gebäudeabschnitt. Die in der
Eassade eingebettete Tür erfährt, so gerahmt, eine Aufwertung zum er¬ habenen Portal mit «Sogwirkung» Bei besonderem Sonnenstand legen die Rhomben mit ihren flimmern¬ den Reflexen einen Teppich vor die Fassade und führen das Publikum auf einer Lichtspur zu den Spitzen und Geweben im Textilmuseum.
Mit ihrer Arbeit offeriert die Künst¬
lerin ein «Defilee» von Schichten, wodurch sie eine Schärfung der Wahrnehmung für die vorder- und hintergründigen Strukturen be¬ wirkt: Die Gebäudeproportionen werden durch den Rhythmus der Stahlseile und durch die durch¬ scheinenden Acrylstreifen mit den sich grafisch abzeichnenden, oszil¬ lierenden Kanten für das Betrachte¬ rauge neu fassbar.
Der Schwere des Baukörpers wird durch die Transparenz und Leucht¬ kraft des geschossüberspannenden «Vorhangs» eine unerwartete Leichtigkeit entgegengesetzt. Bei Sonnenschein sind Mauer und Fen¬ ster gleichsam mit einem zauber¬ haften Lichtfleckenmuster übersät. Das Kunstwerk scheint sich zu re¬ produzieren. Es entsteht der Ein¬ druck, als wäre die gleiche Installa¬ tion im Gebäudeinnern, hinter den
Eenstern, nochmals angebracht. Text und Bild: we