Saiten, Zeughaus Teufen - Bewegt und farbig
Im Zeughaus Teufen inspirieren
sich gleich mehrere Ausstellungen
gegenseitig. Von Peter Surber
Transformation ist in aller Munde -
Corona-geplagte Kulturunternehmen
können sich mit Geld von Bund und
Kantonen neu ausrichten und zukunftstauglich
machen. Einer, der das Transformieren
seit jeher zum Programm gemacht
hat, ist Ueli Vogt vom Zeughaus
Teufen. Schon vor Jahren hat er die
«Zwischenstellung» erfunden, ein Einschiebsel
zwischen den Ausstellungen.
Und mehr und mehr geht im Zeughaus
eins ins andere über, spriesst
aus einem Thema ein anderes und kommt
zusammen, was man nicht unbedingt
zusammendenken würde. Transformationshilfe
braucht das Zeughaus dafür
nicht.
Seit der Wiedereröffnung Anfang
März verschlaufen sich gleich ein halbes
Dutzend künstlerische Arbeiten ineinander.
Zentral und auffällig: die Farbbahnen
und -fetzen, die sich um den
Mittelgang des Zeughauses ranken und
schlingen. Katrin Hotz, die Glarner
Künstlerin hat die Installation namens
Harlekin ausgeheckt, im Zeughaus
wurden die langen Bahnen bemalt. Durch
den Farbauftrag entstanden Falten,
die Ränder sind teils angerissen, das
Material scheint hautartig zu leben.
Auch aus einem der Fenster hängen
Farbstreifen - der ursprüngliche Plan
war es, sagt Kurator Ueli Vogt, das ganze
Haus «mit Farben zu füllen, bis es zu
den Fenstern hinausquillt». Eine weitere
Farbbahn hat sich ins Zimmer mit den
Bildern von Hans Zeller verirrt oder eben
nicht verirrt. Und gibt sich dort als
Wandbemalung aus.
Rund um den Harlekin haben
Malerinnen Platz gefunden. Gilgi Guggenheim zeigt ihre mit einem einzigen
Pinselstrich gemalten, meditativen
Aquarelle Once. Lucie Schenker ist
mit Zeichnungen und einer Filzarbeit
vertreten, in einer Ecke sind Holzschnitte
von Gret Zellweger aufgereiht, und
in die Zeller-Dauerausstellung schmuggeln
sich Bilder der verstorbenen
Johanna Nissen-Grosser.
Und dann, ein ganzes Jahr lang an
der Stirnwand zu bewundern: Hella
Sturzeneggers Textilkunstwerke. Mare
nostrum (2016) ist eine düstere Apokalypse
mit schwimmenden oder ertrinkenden
Menschenfiguren - Assoziationen
an die jahrtausendelange Kriegsgeschichte
des Mittelmeerraums und
die heutigen Flüchtlingskatastrophen
sind von der Künstlerin ausdrücklich
gewollt. Daneben entwerfen sieben
kleinformatige Stickereien mit Pflanzen,
Wasser, Vögeln und anderen naturnahen
Impressionen eine hellere Welt
Zwischen Himmel und Erde, wie der
Titel heisst. In den dichten Textilstrukturen
kann man sich verlieren.
Die spielerische Ausstellung
macht die Augen und den ganzen Kopf
hellwach. Wer trotzdem müde wird,
setzt sich auf eine Bank - einige Exemplare
stehen neu im Zeughaus, Nachbauten
des Originals, das der verstorbene
St.Galler Architekt Max Graf,
unter anderem Erbauer des Schulhauses
im PestalozzidorfTrogen, entworfen
hatte. Bei Ueli Vogt sind selbst Ruhebänke
in ständiger Transformation.
- Herausgeber:in:
- Saiten